In 55 Firmen haben IG Metall und Betriebsräte das Projekt „Arbeit 2020“ gestartet oder bahnen es an. Und darauf sind alle „einigermaßen stolz“.
Das sagte Projektleiterin Gabi Schilling gestern in Bochum. Das Projektteam „Arbeit 2020“ der IG Metall-Bezirksleitung hatte zu der Veranstaltung eingeladen, ihr Titel: „Durch das Dickicht der Digitalisierung – Vom Umbruch in den Betrieben zum Aufbruch für die Beschäftigten“. 
IG Metall-Bezirksleiter Knut Giesler erinnerte die knapp 90 Teilnehmer an das, was er beim Start des Projekts 2015 gefordert hatte: „Betriebsräte müssen zu Innovationstreibern werden!“ Dafür gab und gibt es eine handfeste Begründung: Kümmert man sich nicht um das Thema Industrie 4.0, besteht die Gefahr, dass man ein zentrales Zukunftsthema nicht im Sinne der Beschäftigten mitgestaltet. 
Selbst gestalten oder gestaltet werden, auf dem Platz oder am Spielfeldrand stehen – dazwischen müssten Betriebsräte wählen, sagte Knut Giesler. Und plädierte für ein neues Verständnis von „Co-Management“: Nur durch die Mitarbeit der Betriebsräte können die Beschäftigteninteressen wie Sicherheit und Qualität von Arbeit überhaupt gewahrt werden. Ohne sie werde Industrie 4.0 einfach ohne Rücksicht auf Beschäftigteninteressen eingeführt. Dann bliebe der IG Metall, dem Betriebsrat und den Beschäftigten nur noch übrig, vom Spielfeldrand aus zuzuschauen.
Was motiviert Betriebsräte, sich mit der Digitalisierung von Produkten und Prozessen zu befassen? „Ich will einen Schritt weiter sein als die Geschäftsleitung“, antwortete die Betriebsrätin eines mittelständischen Automobilzulieferers. In allen Betrieben haben IG Metall und Betriebsrat gemeinsam Handlungspläne entwickelt, in bislang acht Betrieben wurde eine Zukunftsvereinbarung mit der Geschäftsführung vereinbart. 
Was hat sich dadurch verändert? Betriebsräte agieren auf Augenhöhe mit Arbeitgebern und Wissenschaftlern, sie nehmen Beschäftigten die Angst vor der Digitalisierung, wecken deren Interesse am Thema und steigern die Akzeptanz von Industrie 4.0. Nicht durch kluge Sprüche, sondern dadurch, dass sie den technischen Wandel im Betrieb aufspüren und dingfest machen – mithilfe der sogenannten Betriebslandkarte. Um sie zu erstellen, müssen bestimmte Fragen beantwortet werden: Wie weit ist die Vernetzung von Software im Betrieb gediehen? Wie stark werden Prozesse von Technik gesteuert? Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf Beschäftigung, Qualifikationsanforderungen und Arbeitsbedingungen? All das lässt sich ermitteln, Abteilung für Abteilung.
Die Digitalisierung löst auch bei vielen Unternehmensleitungen Unsicherheit aus. Im Projekt „Arbeit 2020“ haben viele Manager gelernt: Wenn sie Schritt halten wollen mit den Anforderungen des Marktes, müssen sie beweglicher werden. Sie brauchen die Beschäftigten dringender denn je, um weiter zu kommen. Dafür müssen sie ihren Führungsstil ändern und in die Qualifizierung ihrer Beschäftigten investieren. 
Wie bringen Betriebsräte ihren Arbeitgeber dazu, gemeinsam mit ihnen Zukunftsfragen zu diskutieren oder gar eine Zukunftsvereinbarung abzuschließen? Beispielsweise, indem man den Arbeitgeber unter Zugzwang setzt. Das gelingt, wenn der Betriebsrat die Digitalisierung des Betriebs im Betrieb zum Thema macht und die Beschäftigten aus Produktion, Materialeinkauf, Planung, Konstruktion und Logistik in Workshops zusammenbringt. Wenn der Betriebsrat die Ergebnisse auf Betriebsversammlungen vorstellt, verfügt er über ein einzigartiges Wissen im Unternehmen. Er wird so ein kompetenter Ansprechpartner in Sachen Industrie und Arbeit 4.0. Zwei andere Erfolgsfaktoren sind messbare Effekte wie Investitionen in neue Technik und Qualifizierung – und die Beteiligung der Beschäftigten.
Industrie 4.0 hat der Firma Trilux im sauerländischen Arnsberg das Überleben gesichert. Die Transformation der Firma vom Hersteller klassischer Glühbirnen zum Produzenten moderner LED-Leuchten hat „alle Arbeitsplätze“ im Betrieb verändert, berichtete der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Erich Bullmann. Trilux habe trotzdem „keinen Arbeitsplatz verloren“ – im Gegenteil: „Wir sind gewachsen!“